Viele Betroffene berichten, dass Stress ihre Symptome verschlimmert oder sogar einen akuten Schub auslöst. Doch wie hängt das zusammen? Und was kann man tun, um den Teufelskreis aus Stress und Neurodermitis zu durchbrechen?
Neurodermitis (auch atopische Dermatitis genannt) ist eine chronische entzündliche Hauterkrankung. Das Hauptsymptom sind trockene, juckende und entzündete Hautstellen. Neurodermitis ist eine der häufigsten Hautkrankheiten in Deutschland. Sie betrifft vor allem Kinder, kann aber auch im Erwachsenenalter auftreten oder wiederkehren.
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Die Erkrankung verläuft schubweise: Phasen mit starken Beschwerden wechseln sich mit beschwerdefreien Intervallen ab. Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt, aber eine Kombination aus genetischer Veranlagung, gestörter Hautbarriere und einer überaktiven Immunreaktion spielt eine Rolle. Stress gilt dabei als einer der Auslöser für einen Neurodermitis-Schub.
Unsere Haut ist nicht nur ein Schutzorgan, sondern auch ein Spiegel unserer Gefühle. Stress, Angst oder psychische Belastungen können sich direkt auf die Haut auswirken. Das kennen viele aus eigener Erfahrung: Wir erröten bei Scham, bekommen Gänsehaut bei Angst oder leiden unter Hautunreinheiten in stressigen Phasen.
Bei Neurodermitis ist dieser Zusammenhang besonders ausgeprägt. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass psychischer Stress das Immunsystem beeinflusst und Entzündungsprozesse in der Haut verstärkt. Das liegt daran, dass Haut und Nervensystem in der frühen Embryonalphase aus denselben Zellen entstehen und lebenslang eng miteinander verbunden bleiben.
Besonders bei Kindern ist dieser Effekt stark ausgeprägt: Schlafmangel, Ablehnung durch Gleichaltrige oder Unsicherheit im Umgang mit der Krankheit verstärken den Stress und damit die Symptome.
Aktuelle Studien bestätigen, dass Stress nicht nur Symptome verschlimmert, sondern auch Schübe auslösen kann:
Fazit: Stress ist kein alleiniger Auslöser, aber ein entscheidender Faktor, der den Verlauf der Erkrankung beeinflusst.
Stress aktiviert das sympathische Nervensystem. Ihr Körper schaltet in den „fight or flight“-Modus. Dabei werden Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin ausgeschüttet. Bei Neurodermitis-Patient:innen führt chronischer Stress zu einer Dysbalance: Die Cortisolausschüttung ist gestört, Entzündungen in der Haut nehmen zu, und die Hautbarriere wird durchlässiger.
Entspannungstechniken wirken diesem Prozess entgegen, indem sie das parasympathische Nervensystem aktivieren. Damit kommen wir in den „rest and digest“-Zustand. Das führt zu einer reduzierten Entzündungsaktivität in der Haut, verbessert die Nährstoffversorgung und Durchblutung, und hilft uns, den Juckreiz als weniger intensiv wahrzunehmen. Je gestresster wir sind, desto belastender wird das Symptom vom Gehirn als zusätzliche Belastung wahrgenommen.
Konkret versuchen können Sie zum Beispiel progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Durch das bewusste An- und Entspannen einzelner Muskelgruppen bei der progressiven Muskelentspannung wird körperliche Anspannung abgebaut. Studien zeigen, dass dies bei Neurodermitis-Patient:innen den Cortisolspiegel normalisiert und die Hautsymptome lindert.
Auch autogenes Training wirkt direkt auf das vegetative Nervensystem und reduziert Stresshormone. Bei Neurodermitis-Patient:innen wurde eine Verbesserung der Hautbarriere und eine Abnahme von Juckreizattacken beobachtet.
Achtsamkeitsübungen sind eine weitere Möglichkeit. Achtsamkeit trainiert die Fähigkeit, Stress und Juckreiz bewusst wahrzunehmen, ohne sofort zu reagieren (z. B. durch Kratzen).
Neurodermitis ist mit psychischen Belastungen wie Scham, Angst oder Depressionen verbunden. Psychotherapie (z. B. kognitive Verhaltenstherapie) hilft, diese Belastungen zu reduzieren und den Umgang mit der Krankheit zu verbessern. Schulungsprogramme vermitteln zusätzlich praktisches Wissen.
Ist die akute Stresssituation bereits da und Sie befürchten ein Aufflammen der Neurodermitis, können Sie Maßnahmen wie die folgenden ergreifen, um sich in der Situation zu stabilisieren und Ihrer Haut bessere Voraussetzungen zu schaffen:
Schlafmangel erhöht den Cortisolspiegel und verstärkt Juckreiz. Guter Schlaf stärkt die Hautregeneration. Es gibt viele Tipps für besseren Schlaf und jeder muss für sich selbst herausfinden, was gut hilft. Beliebte Tipps sind eine feste Schlafroutine mit festen Zeiten und Ruhe ohne Handy vor dem Schlafen, sowie eine kühlere Zimmertemperatur.
Bestimmte Lebensmittel können Entzündungen fördern (z. B. Zucker, Alkohol), andere wirken entzündungshemmend (Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien). Versuchen Sie, Fertigprodukte und Fast Food zu vermeiden. Milchprodukte können bei manchen Betroffenen Juckreiz verstärken.
Soziale Unterstützung reduziert Stresshormone. Wenn möglich, versuchen Sie, offen mit der Erkrankung umzugehen und sich zum Beispiel in Selbsthilfegruppen mit anderen auszutauschen. Das soziale Netzwerk verringert Gefühle der Isolation und Scham, die sich signifikant auf die Schwere von Neurodermitis-Symptomen auswirken können.
Wenn sich die Neurodermitis trotz Ihren Maßnahmen und Stressmanagement verschlimmert, Sie der Juckreiz in Ihrem Alltag beeinträchtigt oder Sie zusätzlich an Schlafstörungen, Angst oder Depressionen leiden, sollten Sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Die Ansprechpartner:innen sind Hautärzt:innen zur medizinischen Behandlung der Hautkrankheit, Psychotherapeut:innen bei Unterstützung im Falle psychischer Belastung, und Ihre Apotheke vor Ort für individuelle Pflegeberatung.
Trigger | Wirkung | Gegenmaßnahmen |
---|---|---|
Chronischer Stress | Verschlimmert Entzündungen | Entspannungstechniken, Psychotherapie |
Schlafmangel | Erhöht Stress und Juckreiz | Schlafhygiene, abendliche Routinen |
Soziale Isolation | Verstärkt psychische Belastung | Selbsthilfegruppen, Aufklärung des Umfelds |
Falsche Hautpflege | Reizt die Haut zusätzlich | Rückfettende Cremes, Verzicht auf Duftstoffe |
Wichtig: Neurodermitis ist sehr individuell. Was manchen hilft, muss für andere nicht passen. Eine erfahrene Hautärzt:in oder Allergolog:in kann eine maßgeschneiderte Therapie empfehlen.
Neurodermitis ist nicht nur eine körperliche, sondern auch eine psychische Herausforderung. Stress wirkt wie ein Katalysator: Er kann Schübe auslösen, den Juckreiz verstärken und den Teufelskreis aus Kratzen, Entzündungen und weiterer Belastung in Gang setzen. Doch Sie sind diesem Kreislauf nicht hilflos ausgeliefert.
Mit gezieltem Stressmanagement, der richtigen Hautpflege und professioneller Unterstützung lassen sich Schübe oft abmildern oder hinauszögern.
Lassen Sie sich in einer Apotheke in Ihrer Nähe beraten!
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